Einkommensteuerliche Behandlung von Aufwendungen für Studienreisen und Fachkongresse

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Aufwendungen für Studienreisen und Fachkongresse sind als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die Teilnahme so gut wie ausschließlich beruflich/betrieblich veranlasst ist und die Verfolgung privater Interessen (z. B. Erholung, Bildung, Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises) nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist.

Insbesondere bei Informationszwecken dienenden Auslandsgruppenreisen und Auslandsfachkongressen ist es oft schwierig, ein – für die sachgerechte Beurteilung erforderliches – eindeutiges Bild über deren Veranlassung zu erhalten.

Die Abgrenzung und Entscheidung darüber, ob (private) Lebenshaltungskosten oder berufliche/betriebliche Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen nur unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgen. Für die einkommensteuerrechtliche Würdigung wird die Finanzverwaltung i. d. R. vor einer Entscheidung das vollständige Reiseprogramm sowie die Namen und Anschriften der übrigen Teilnehmer (vgl. homogener Teilnehmerkreis) anfordern.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die Reise für den Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzug stets als Einheit zu beurteilen. Steuerpflichtige sollen durch eine mehr oder weniger zufällig oder bewusst herbeigeführte Verbindung zwischen beruflichen/betrieblichen und privaten Interessen nicht in die Lage versetzt werden, Reiseaufwendungen nur deshalb zum Teil in einen einkommensteuerlich relevanten Bereich verlagern zu können, weil sie entsprechende Berufe/Tätigkeiten ausüben, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus dem versteuerten Einkommen decken müssen.

Derartige gemischte Aufwendungen sind nach der Intention der Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit insgesamt den Kosten der privaten Lebensführung zuzurechnen, wenn und soweit die beruflichen/betrieblichen Aufwendungen nicht nach objektiven Maßstäben und in nachprüfbarer Form voneinander getrennt werden können. Lediglich dann, wenn objektive Merkmale eine zutreffende und leicht nachprüfbare Trennung des beruflichen/betrieblichen Teils vom privaten Teil der Reise ermöglichen und der berufliche/betriebliche Teil nicht von untergeordneter Bedeutung ist, können Teile der Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden.

Mit Vorlagebeschluss vom 20.7.2006 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Großen Senat die Rechtsfrage vorgelegt, ob bei gemischt veranlassten Reisen Aufwendungen für die Hin- und Rückreise nach Maßgabe der beruflich/betrieblich und privat veranlassten Zeitanteile im Schätzungswege aufgeteilt werden können, wenn die beruflich/betrieblich veranlassten Zeitanteile feststehen und diese nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen GrS 1/06 geführt. Die Entscheidung des Großen Senats bleibt abzuwarten. Anhängige Rechtsbehelfsverfahren ruhen.

 

Einzelkriterien

Die berufliche/betriebliche Veranlassung einer Reise kann nicht bereits durch allgemeine Ausführungen des Steuerpflichtigen (allgemeine berufliche Bildung, allgemeine Informationsgewinnung) nachgewiesen werden.

Folgende Kriterien sind im Einzelfall zu überprüfen und finden bei Auslandskongressen sinngemäß Anwendung:

1) Reiseprogramm muss beruflich/betrieblich zugeschnitten sein

An den Nachweis der beruflichen/betrieblichen Veranlassung einer Auslandsgruppenreise sind nach der Rechtsprechung des BFH strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht nicht aus, wenn die Teilnehmer nur ein allgemein berufliches Interesse kundtun, da die Förderung der allgemeinen beruflichen Bildung Teil der Allgemeinbildung ist. Vielmehr sollte das Reiseprogramm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse und Gegebenheiten des Teilnehmers zugeschnitten sein und der Reise offensichtlich ein unmittelbarer beruflicher Anlass oder ein konkreter Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen zugrunde liegen. Solche Reisen sind in der Regel ausschließlich der beruflichen/betrieblichen Sphäre zuzuordnen, selbst wenn sie in mehr oder weniger großem Umfang auch zu privaten Unternehmungen genutzt werden, vorausgesetzt, die Verfolgung privater Interessen bildet nicht den Schwerpunkt der Reise.

 

Beispiele:

  • Das Halten eines einzigen Vortrags ist für sich genommen nicht geeignet, die Teilnahme an einem mehrtägigen Fachkongress als unmittelbar beruflich veranlasst anzusehen.

Auslandsreisen, denen ein unmittelbarer beruflicher Anlass fehlt, führen nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur dann zu abziehbaren Werbungskosten, wenn die Reisen ausschließlich oder zumindest weitaus überwiegend im beruflichen Interesse unternommen werden, wenn also die Verfolgung privater Interessen nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nahezu ausgeschlossen ist.

  • Die Aufwendungen einer Pastorin für eine etwa dreiwöchige Reise nach Indien, der kein unmittelbarer beruflicher Zweck oder konkreter Auftrag des Arbeitgebers zugrunde lag und die sich auch auf touristisch interessante Orte mit Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten erstreckte, sind nicht nahezu ausschließlich beruflich veranlasst und können deshalb nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
  • Aufwendungen einer Lehrerin für eine (Studien-)Reise, die sich nicht von einer allgemein touristisch geprägten Reise unterscheidet, sind keine Werbungskosten. Die Möglichkeit, gewonnene Kenntnisse und Erfahrungen für den Unterricht und/oder die Vorbereitung einer Klassenfahrt/eines Schüleraustauschs zu verwenden, rechtfertigen für sich allein keinen Werbungskostenabzug.

Die Teilnahme des Ehegatten oder anderer Angehöriger spricht regelmäßig gegen eine berufliche/betriebliche Veranlassung der Reise.

  • Dafür, dass die vom Arbeitgeber bezahlte USA-Gruppenstudienreise eines seiner Arbeitnehmer wegen des Reiseverlaufs mit erheblichem Tourismusprogramm insgesamt eine private Bildungsreise darstellt, spricht insbesondere auch die Teilnahme der Ehefrau des Arbeitnehmers, wenngleich der Arbeitnehmer die Reisekosten der Ehefrau selbst getragen hat. Im Rahmen der Gesamtwürdigung von Anlass, Ablauf und Ergebnis der Reise kann die Tatsache der Teilnahme der Ehefrau (ohne berufsbezogenes Interesse) nicht außer Betracht bleiben. Die Ehegatten haben die touristischen Teile der Reise so hoch eingeschätzt, dass sie die erheblichen Reisekosten der Ehefrau auf sich genommen haben.

 

2) Homogener Teilnehmerkreis

Der Teilnehmerkreis einer vorrangig Studienzwecken dienenden Gruppenreise muss im Wesentlichen gleichartig sein. Dies trägt dem Erfordernis Rechnung, dass das Programm auf die besonderen beruflichen/betrieblichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten ist.

 

3) Straffe Organisation und Teilnahmepflicht am Programm

Das berufsbezogene Reiseprogramm muss straff durchorganisiert sein, d. h. die Programmgestaltung darf, von Pausen oder vortragsfreien Wochenenden abgesehen, keine Zeit für private Erholungs- und Bildungsinteressen lassen.

 

Beispiele:

  • Die Aufwendungen für die Teilnahme an einer Gruppenreise von Gerichtsreferendaren nach Budapest stellen keine Werbungskosten dar, wenn den Teilnehmern neben dem Anreisetag und Abreisetag fünf Aufenthaltstage zur Verfügung stehen und während dieser Zeit „berufsspezifische Fachveranstaltungen” lediglich an zwei Tagen stattfinden.
  • Eine Fortbildungsveranstaltung ist nicht straff organisiert, wenn der Veranstalter die Gestaltung der Nachmittage in das freie Belie- ben der Teilnehmer stellt. Dies gilt auch, wenn die Teilnehmer selbst entscheiden können, ob, wo, wie lange und in welcher Form sie den Stoff des Vormittagsprogramms nachmittags in kleinen Arbeitsgruppen vertiefen.

Neben der straffen Organisation muss das berufsbezogene Reiseprogramm den Steuerpflichtigen auch zur Teilnahme an dem Programm verpflichten. Es soll vermieden werden, dass ein Steuerpflichtiger die Kosten für eine straff organisierte Informationsreise steuerlich geltend macht, obwohl er sich an der Reise nur ihrem äußeren Ablauf nach bzw. am Reiseprogramm nur teilweise beteiligt hat.

Im Hinblick auf „die begrenzte geistige Aufnahmefähigkeit des Menschen” ist es jedoch unschädlich, wenn der Steuerpflichtige bei einem umfangreichen Vortragsprogramm konzentrationsbedingt an einzelnen, wenigen Veranstaltungen (gemessen an Anzahl und zeitlichem Umfang aller Fortbildungsveranstaltungen) nicht teilgenommen hat. Steht dem Steuerpflichtigen infolge der Nichtteilnahme jedoch erhebliche Zeit für die Befriedigung privater Interessen zur Verfügung (z. B. Nichtteilnahme an zwei von 16 Veranstaltungen eines fünftägigen Seminars mit der Folge, dass ein gesamter Tag zur freien Verfügung steht), ist dies nicht durch dessen begrenzte Aufnahmefähigkeit, sondern durch private Motive veranlasst.

  • Findet eine berufliche Fortbildungsveranstaltung für Radiologen an einem beliebten Ferienort (Davos) während der üblichen Urlaubs- zeit statt und sieht das Tagungsprogramm eine vierstündige Mittagspause vor, gehören die Aufwendungen für Hin- und Rückfahrt zum Veranstaltungsort sowie der Aufenthalt zu den nicht abzugsfähigen Lebenshaltungskosten.

Die Teilnahme an den besuchten Veranstaltungen ist grundsätzlich durch detaillierte Teilnahme-/Abschlusszertifikate, Mitschriften oder andere geeignete Unterlagen nachzuweisen. Die Anforderungen an diesen Nachweis müssen umso strenger sein, je mehr der Tagungsort oder die Reiseroute die Verfolgung privater Interessen, wie z. B. Erholung, nahe legt oder ermöglicht. Liegen dem Steuerpflichtigen keine Teilnahmezertifikate vor, ist es ausreichend, wenn er die Teilnahme an den einzelnen Fortbildungsveranstaltungen glaubhaft machen kann.

Bietet die zeitliche Gestaltung des Veranstaltungsprogramms in nicht nur unbedeutendem Umfang die Möglichkeit, privaten Neigungen nachzugehen, so führt dies, auch wenn die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den Veranstaltungen feststeht, in der Regel zur Nichtabzugsfähigkeit der gesamten Aufwendungen, weil die Verfolgung privater neben der Förderung beruflicher Interessen nicht nahezu ausgeschlossen ist. Das gilt auch, wenn zwar ein umfang- reiches und die Möglichkeit zur Erfüllung privater Interessen an sich nahezu ausschließen des Programm vorgesehen ist, die Teilnahme des Steuerpflichtigen an den vorgesehenen und durchgeführten Veranstaltungen jedoch nicht feststeht.

Im Rahmen der Beurteilung des vorgelegten Reise-/Veranstaltungsprogramms ist zu prüfen, ob dieses eine vollständige und zuverlässige Wiedergabe des tatsächlichen Reise-/Veranstaltungsverlaufs beinhaltet.

 

4) Organisator der Reise

Die fachliche Organisation einer Reise unter fachkundiger Leitung kann für ihre berufliche/betriebliche Veranlassung sprechen. Nicht jede von einem Fachverband veranstaltete Reise ist aber als beruflich/betrieblich veranlasst zu beurteilen, weil sonst leicht durch Ausarbeitung eines Programms, an dem jeder fachlich Interessierte teilnehmen kann (aber nicht teilnehmen muss), zur Lebenshaltung gehörende Erholungs-, Besichtigungs- und Bildungsreisen zu betrieblich/beruflich veranlassten Reisen gemacht werden könnten.

 

5) Reiseziel bzw. Reiseroute

Ist die Reiseroute auseinander gezogen sowie mit häufigem Ortswechsel verbunden und sind die besuchten Orte gleichzeitig beliebte Ziele des Tourismus, so misst die Finanzverwaltung diesen Umständen besondere Bedeutung bei. Da derartige Reisen erfahrungsgemäß auch von Personen unternommen werden, die ihren Urlaub zur privaten Wissens- und Kenntniserweiterung nutzen wollen und keinerlei berufliche/betriebliche Veranlassung haben, spricht dies zumindest für eine private (Mit-)Veranlassung.

 

Beispiel:

  • Werden von einem Verkäufer für Maschinen zur Herstellung von Schnellimbissmahlzeiten im Rahmen einer Auslandsgruppenreise in den USA an verschiedenen Orten Sehenswürdigkeiten besucht, liegt keine (überwiegende) betriebliche/berufliche Veranlassung durch die Besichtigung von Fast-Food-Restaurants an diesen Orten vor.

Reist der Steuerpflichtige zu Fachtagungen und Kongressen an einen Ort, der wegen schöner Lage oder wegen seines Kultur- und Erholungswertes regelmäßig auch andere Urlaubsreisende in großem Umfang anzieht, sind bei der Beurteilung der beruflichen/betrieblichen Veranlassung ebenfalls besonders strenge Maßstäbe anzusetzen, vor allem an die straffe Organisation.

 

6) Beförderungsmittel

Die Benutzung eines erholsamen Beförderungsmittels, das zeitaufwendiger und mitunter auch kostspieliger ist als das sonst günstigste Beförderungsmittel, ist nach der Rechtsprechung des BFH ebenfalls ein Indiz für eine private Mitveranlassung.

Der Zeitaufwand für eine Reise kann vom Steuerpflichtigen grundsätzlich selbst bestimmt werden. Jedoch kann die lange Dauer einer Reise ein Anzeichen dafür sein, dass die Reise zumindest auch teilweise privat veranlasst war. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn bei der Teilnahme an einem Fachkongress zwischen Reise- und Kongressdauer ein Missverhältnis besteht.

 

Beispiele:

  • Es bestehen erhebliche Bedenken gegen die berufliche Veranlassung des Besuches eines Ärztekongresses, wenn dieser nur viereinhalb Tage dauert und die Hin- und Rückreise (mit dem Schiff) 16 Tage beansprucht. Hält das Finanzgericht die Schiffsreise für privat veranlasst, so kann es nicht mit der Begründung, sie habe keine Mehrkosten gegenüber einer Flugreise verursacht, die gesamten Kosten der Reise als Betriebsausgaben anerkennen.
  • Aufwendungen eines Steuerberaters für die Teilnahme an einem Steuerberater-Symposium, das auf einem Passagierfährschiff während einer Ostseefahrt stattfindet, sind nur insoweit als Betriebsausgaben abziehbar, als es sich um die Seminargebühren handelt.

 

7) Gestaltung der Wochenenden/Feiertage

Auch die Gestaltung der Wochenenden sowie der Feiertage ist in die Gesamtbetrachtung der Reise einzubeziehen. Sind diese Tage als reine Ruhetage deklariert, lässt dies nicht unbedingt auf außerberufliche Reisemotive schließen. Etwas Anderes gilt, wenn sich die Ausgestaltung der Wochenenden oder Feiertage an allgemein touristischen Zielen orientiert und in die Reisezeit besonders viele Feiertage und Wochenenden mit einbezogen sind.

 

Beispiel:

  • Aufwendungen eines Lehrers für einen Studienkurs in England sind nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn dabei private Unternehmungen eine nicht nur unbedeutende Rolle spielen. Von zwölf Tagen, die der Lehrgang ohne An- und Abreise dauerte, waren nur sechs Tage ausschließlich mit Veranstaltungen ausgefüllt, die der beruflichen Sphäre zurechenbar sind.

 

8) Gesamtbeurteilung der Reise

Die Abgrenzung und Entscheidung, ob (private) Lebenshaltungskosten oder beruflich/betrieblich bedingte Aufwendungen vorliegen, kann bei Auslandsgruppenreisen zu Informationszwecken nur aufgrund einer Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls getroffen werden. Dabei wird geprüft, ob und in welchem Umfang private Gründe ggf. die Reise (mit)veranlasst haben.

Die Auslandsgruppenreise wird als Einheit beurteilt, weil die einzelnen Teile einer solchen Reise von der Organisation und der Durchführung her nur im Zusammenhang gesehen werden können. Ergibt die Gesamtbeurteilung, dass auch private Reiseinteressen von nicht untergeordneter Bedeutung vorgelegen haben, wird regelmäßig die berufliche/betriebliche Veranlassung der gesamten Auslandsgruppenreise verneint.

 

Besonderheiten

 

1) Verbindung der beruflichen/betrieblichen Reise mit einem Privataufenthalt

Reisen, die sich aus einer Auslandsgruppenreise und aus einem vorangehenden oder nachfolgenden Privataufenthalt zusammensetzen, werden nicht mehr als beruflich/betrieblich veranlasst angesehen, es sei denn, der Privataufenthalt wäre im Verhältnis zur Gruppenreise zeitlich von untergeordneter Bedeutung.

 

2) Abzugsfähige Kosten bei insgesamt nicht beruflich bzw. betrieblich veranlassten Reisen

Wenn die Gesamtreise als nicht beruflich/betrieblich veranlasst zu würdigen ist, werden nur die Aufwendungen als Werbungskosten/ Betriebsausgaben abzugsfähig, die zusätzlich zu den Aufwendungen einer im Übrigen als privat zu beurteilenden Reise entstehen, eindeutig von diesen abgrenzbar sind und ausschließlich beruflich/ betrieblich veranlasst sind.

Voraussetzung ist, dass dem Steuerpflichtigen im Verhältnis zu den Aufwendungen der als privat beurteilten Reise sicher und leicht abgrenzbare zusätzliche Aufwendungen (z. B. für den Geschäftsbesuch bei einem Vertragspartner, für eine Besichtigung oder für die Teilnahme an einem Kongress) erwachsen sind, die nicht entstanden wären, wenn er diesen ausschließlich beruflich/betrieblich veranlassten Reiseteil nicht durchgeführt hätte.

Diese zusätzlichen Aufwendungen können z. B. sein:

  • Eintrittsgelder
  • Fahrtkosten
  • Kongressgebühren

ggf. auch zusätzliche Unterbringungskosten und Mehraufwendungen für Verpflegung

Alle anderen Aufwendungen, die auch ohne den einzelnen beruflichen/betrieblichen Anlass entstanden wären, werden dagegen nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben anerkannt.

 

Beispiel:

  • Dem Betriebsausgabenabzug der Kosten für die Teilnahme an einer beruflichen Fortbildungsveranstaltung steht nicht entgegen, dass dieser Veranstaltung ein Urlaubsaufenthalt an demselben Ort vorangeht. Die Kosten der Reise zum Veranstaltungsort und zurück einschließlich Reisenebenkosten können in diesem Falle ebenso wie die Kosten des Urlaubsaufenthalts nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Die auf die Zeit des Fachkongresses entfallenden Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen sind hingegen betrieblich veranlasst und eindeutig abgrenzbar.

 

3) Ansatz von Werbungskosten/Betriebsausgaben (Pauschbeträge)

Mehraufwendungen für Verpflegung sind nach den im Einkommensteuergesetz festgelegten Pauschbeträgen als Werbungskosten/Betriebsausgaben anzusetzen. Bei Auslandsreisen sind die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen den Verhältnissen des jeweiligen Staats anzupassen. Für den Steuerpflichtigen besteht seit der Einführung der gesetzlichen Regelung ab dem Veranlagungszeitraum 1996 ein Rechtsanspruch auf die gesetzlichen Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen, so dass diese auch bei einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung anzusetzen sind.

Ab dem Veranlagungszeitraum 2008 sind nur noch die tatsächlichen Übernachtungskosten bei einer Auswärtstätigkeit als Reisekosten und als Werbungskosten abzugsfähig, soweit sie nicht vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden.

 

4) Reisekostenersatz/Zuwendung einer Reise durch den Arbeitgeber

In manchen Fällen werden die entstandenen Reisekosten durch den Arbeitgeber ganz oder teilweise erstattet. Ersetzt ein privater Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Aufwendungen für eine Reise, die nach den vorstehenden Grundsätzen nicht als weitaus überwiegend beruflich veranlasst anzusehen ist, so dass die Aufwendungen insgesamt den steuerlich nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen sind, so kann dies im Einzelfall zu Einnahmen des Arbeitnehmers führen, sofern die Bildungsmaßnahme nicht im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers liegt.

Gleiches gilt, wenn der private Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Teilnahme an einer Reise zuwendet, die nicht als weitaus überwiegend beruflich veranlasst zu qualifizieren ist.

Bei der Zuwendung von gemischt veranlassten Reisen, deren beruflicher und privater Anteil jeweils nicht von untergeordneter Bedeutung ist, sind die Kostenbestandteile der Reise – soweit nicht eine direkte Zuordnung zum Werbungskostenbereich oder der Privatsphäre des Arbeitnehmers möglich ist – im Schätzungswege in Arbeitslohn und Zuwendungen im eigenbetrieblichen Interesse aufzuteilen.

Ergibt sich hiernach aus dem Kostenersatz/der Zuwendung der Reise Arbeitslohn, handelt es sich bei den Leistungen des Arbeitgebers um steuerpflichtige Einnahmen des Arbeitnehmers. Ein steuerfreier Ersatz der Reisekosten des Arbeitnehmers kommt diesbezüglich nicht in Betracht, da diese nur dann steuerfrei ersetzt werden können, wenn sie beim Arbeitnehmer dem Grunde nach Werbungskosten darstellen.

Der Reisekostenersatz durch den Arbeitgeber könnte ein Indiz für die berufliche/betriebliche Veranlassung der Reise sein, da dies in aller Regel im betrieblichen Interesse des Arbeitgebers geschieht. Dieser Umstand reicht jedoch allein nicht aus, um die berufliche/betriebliche Veranlassung zu bejahen.

Auch die Gewährung von Zuschüssen an Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst führt nicht zwangsläufig zur steuerlichen Anerkennung der verbleibenden Reisekosten. Die Aufwendungen des Arbeitnehmers für diese Reisen können in den meisten Fällen auch nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, da diese nicht als überwiegend beruflich veranlasst anzusehen sind; sie gehören mithin zu den nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die private Lebensführung.

Soweit nicht (anteilig) eine Einordnung des Zuschusses als Zuwendung im eigenbetrieblichen Interesse in Betracht kommt, handelt es sich hierbei um Arbeitslohn. Die Steuerbefreiungsvorschrift findet keine Anwendung, da es sich insoweit bei den aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen dem Grunde nach nicht um Werbungskosten handelt.

 

(Quelle: OFD Hannover Verf. v. 17.2.2009 – S 2227 – 10 – StO 217)