Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

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Alleinerziehende Steuerpflichtige haben nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf einen Entlastungsbetrag. Ziel des Entlastungsbetrags ist es, die höheren Kosten für die eigene Lebens- bzw. Haushaltsführung der Al- leinerziehenden abzugelten, die einen gemeinsamen Haushalt nur mit ihren Kindern und keiner anderen erwachsenen Person führen, die tatsächlich oder finanziell zum Haushalt beiträgt.

Seit dem Veranlagungszeitraum 2015 beträgt der Entlastungsbetrag jährlich 1.908 € und erhöht sich für jedes weitere Kind um 240 € im Jahr.

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte durch Abzug von der Summe der Einkünfte und beim Lohnsteuerabzug durch die Steuerklasse II berücksichtigt.

 

Anspruchsvoraussetzungen

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird den Steuerpflichtigen gewährt, die alleinstehend sind und zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Frei- betrag oder Kindergeld zusteht.

 

Alleinstehend

Alleinstehend sind Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllen oder verwitwet sind und keine Haushaltsgemeinschaft mit ei- ner anderen volljährigen Person bilden. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einem minderjährigen Kind ist stets unschädlich.

a) Kein Splitting-Verfahren

Als alleinstehend sind grundsätzlich nur Steuerpflichtige anspruchsberechtigt, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllen. Die Regelungen des Splitting-Verfahrens sind auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden.

Alleinstehend sind daher nur Steuerpflichtige,
» die während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht verheiratet/verpartnert sind oder
» die verheiratet bzw. verpartnert sind, aber seit mindestens dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum dauernd getrennt leben oder
» die verwitwet sind oder
» deren Ehegatte/Lebenspartner im Ausland lebt und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist.

b) Keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person

Weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bildet. Es ist allerdings unschädlich, wenn es sich bei der anderen volljährigen Person um ein leibliches Kind, Adoptiv-, Pflege-, Stief- oder Enkelkind handelt, für das dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag oder Kindergeld zusteht.

Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person liegt vor, wenn der Steuerpflichtige und die andere Person in der gemeinsamen Wohnung gemeinsam wirtschaften. Ein gemeinsames Wirtschaften kann sowohl darin bestehen, dass die andere volljährige Person zu den Kosten des gemein-

samen Haushalts beiträgt, als auch in einer Entlastung durch tatsächliche Hilfe und Zusammenarbeit. Auf den Umfang der Hilfe oder des Anteils an den im Haushalt anfallenden Arbeiten kommt es grundsätzlich nicht an.

Ein gemeinsames Wirtschaften setzt ferner nicht voraus, dass nur eine gemeinsame Kasse besteht und die zur Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter nur gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden. Es genügt eine mehr oder weniger enge Gemeinschaft mit nahem Beieinanderwohnen, bei der jedes Mitglied der Gemeinschaft tatsächlich oder finanziell seinen Beitrag zur Haushalts- bzw. Lebensführung leistet und an ihr partizipiert (der gemeinsame Verbrauch der Lebensmittel oder Reinigungsmittel, die gemeinsame Nutzung des Kühlschrankes etc.). Auf die Zahlungswege kommt es nicht an. Es steht daher der Annahme einer Haushaltsgemeinschaft nicht entgegen, wenn z. B. der Steuerpflichtige die laufenden Kosten des Haushalts ohne Miete trägt und die andere Person dafür vereinbarungsgemäß die volle Miete bezahlt.

Es kommt ferner nicht darauf an, dass der Steuerpflichtige und die andere Person in besonderer Weise materiell (Unterhaltsgewährung) und immateriell (Fürsorge und Betreuung) verbunden sind. Als Kriterien für eine Haushaltsgemeinschaft können auch der Zweck und die Dauer der Anwesenheit der anderen Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen heran- gezogen werden. So liegt eine Haushaltsgemeinschaft nicht vor, bei nur kurzfristiger Anwesenheit in der Wohnung oder nicht nur vorübergehender Abwesenheit von der Wohnung.

»  Beispiele für nur kurzfristige Anwesenheit: Zu Besuchs- zwecken, aus Krankheitsgründen.

»  Beispiele für nur vorübergehende Abwesenheit: Krankenhausaufenthalt, Auslandsreise, Auslandsaufenthalt eines Montagearbeiters, doppelte Haushaltsführung aus beruflichen Gründen bei regelmäßiger Rückkehr in die gemein- same Wohnung.

»  Beispiele für eine nicht nur vorübergehende Abwesenheit: Strafvollzug, bei Meldung als vermisst, Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, Unterhaltung einer zweiten Wohnung aus privaten Gründen.

Eine Haushaltsgemeinschaft ist insbesondere gegeben bei eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften, bei Wohngemeinschaften unter gemeinsamer Wirtschaftsführung mit einer sonstigen volljährigen Person, z. B. einem Studierenden, mit volljährigen Kindern, für die dem Steuerpflichtigen weder ein Freibetrag Kindergeld zusteht, mit anderen Verwandten, oder bei nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartnern, wenn keine Ehegatten-/ Lebenspartnerbesteuerung in Betracht kommt, z. B. deutsche Ehegatten/Lebenspartner von Angehörigen der NATO-Streitkräfte.

Eheähnliche oder lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften – im Sinne einer auf Dauer angelegten Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft – können anhand der folgenden, aus dem Sozialrecht abgeleiteten Indizien festgestellt werden:

» Dauer des Zusammenlebens (z. B. von länger als einem Jahr),

» Versorgung gemeinsamer Kinder im selben Haushalt,
» Versorgung anderer Angehöriger im selben Haushalt,
» von beiden Partnern unterschriebener und auf Dauer angelegter Mietvertrag,
» gemeinsame Kontoführung,
» andere Verfügungsbefugnisse über Einkommen und Vermögen des Partners oder
» andere gemeinsame Verträge, z. B. über Unterhaltspflichten.

Beantragt ein Steuerpflichtiger den Abzug von Unterhaltsleistungen an die andere volljährige Person als „außergewöhnliche Belastungen“, ist in der Regel vom Vorliegen einer ehe- ähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft auszugehen.

Mit einer sonstigen volljährigen Person besteht keine Haushaltsgemeinschaft, wenn sie sich tatsächlich und finanziell nicht an der Haushaltsführung beteiligt. Das ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn diese einen vollständig getrennten Haushalt führt oder wenn – z. B. beim Zusammenleben mit einkommenslosen pflegebedürftigen Angehörigen – jedwede Unterstützungsleistung durch die andere Person ausgeschlossen erscheint. So fehlt die Fähigkeit, sich tatsächlich an der Haushaltsführung zu beteiligen, bei Personen, bei denen mindestens ein Schweregrad der Pflegebedürftigkeit – Pflegegrade 1 bis 5, bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2016: Pflegestufe I, II oder III – besteht oder die blind sind.

Bei rückwirkender Feststellung des Merkmals „blind“ oder der Pflegebedürftigkeit sind ggf. bestandskräftige Steuerfestsetzungen auch hinsichtlich des Entlastungsbetrags für Allein- erziehende zu ändern. Die Fähigkeit, sich finanziell an der Haushaltsführung zu beteiligen, fehlt bei einer Person, die kein oder nur geringes Vermögen besitzt und deren Einkünfte und Bezüge einen bestimmten Betrag nicht übersteigen.

c) Gesetzliche Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft

Die Annahme einer Haushaltsgemeinschaft setzt nicht die Meldung der anderen Person in der Wohnung des Steuerpflichtigen voraus. Das Einkommensteuergesetz enthält jedoch neben der gesetzlichen Definition der Haushaltsgemeinschaft auch die Vermutung für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft, wenn eine andere volljährige Person mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist. Eine nachträgliche Ab- bzw. Ummeldung ist insoweit unerheblich.

Die Vermutung ist widerlegbar. Sie ist widerlegt, wenn die Gemeinde oder das Finanzamt positive Kenntnis davon haben, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den melderechtlichen Verhältnissen zugunsten des Steuerpflichtigen abweichen. Der Steuerpflichtige kann die Vermutung der Haushaltsgemeinschaft mit einer in seiner Wohnung gemeldeten anderen voll- jährigen Person widerlegen, wenn er darlegt, dass eine Haushaltsgemeinschaft mit der anderen Person nicht vorliegt.

Leben der Steuerpflichtige und die andere volljährige Person in einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, ist die Vermutung, dass eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, unwiderlegbar.

 

Haushaltszugehörigkeit eines Kindes

Weitere Anspruchsvoraussetzung ist, dass ein Kind, für das dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag oder Kindergeld zusteht, zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Ein Kind gehört zum Haushalt des Steuerpflichtigen, wenn es in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, dauerhaft in dessen Wohnung lebt oder mit seiner Einwilligung vorübergehend, z. B. zu Ausbildungszwecken, auswärtig untergebracht ist.

Haushaltszugehörigkeit erfordert ferner eine Verantwortung für das materielle (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterielle Wohl (Fürsorge, Betreuung) des Kindes. Eine Heimunterbringung ist unschädlich, wenn die Wohnverhältnisse in der Familienwohnung die speziellen Bedürfnisse des Kindes berücksichtigen und es sich im Haushalt des Steuerpflichtigen regelmäßig aufhält.

Die Haushaltszugehörigkeit ist selbst dann anzunehmen, wenn das Kind in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, aber tatsächlich in einer eigenen Wohnung lebt. Diese Vermutung ist unwiderlegbar. Ist das Kind hingegen nicht in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet, trägt der Steuerpflichtige die Beweislast für das Vorliegen der Haushaltszugehörigkeit.

Ist das Kind bei mehreren Steuerpflichtigen gemeldet oder gehört es unstreitig zum Haushalt des Steuerpflichtigen, ohne bei ihm gemeldet zu sein, steht der Entlastungsbetrag demjenigen Alleinstehenden zu, der das Kind tatsächlich in seinen Haushalt aufgenommen hat.

Ist ein Kind annähernd gleichwertig in die beiden Haushalte seiner alleinstehenden Eltern aufgenommen, können die Eltern – unabhängig davon, an welchen Berechtigten das Kindergeld ausgezahlt wird – untereinander bestimmen, wem der Entlastungsbetrag zustehen soll, es sei denn, einer der Berechtigten hat bei seiner Veranlagung oder durch Berücksichtigung der Steuerklasse II beim Lohnsteuerabzug den Entlastungsbetrag bereits in Anspruch genommen. Treffen die Eltern keine Bestimmung über die Zuordnung des Entlastungsbetrags, steht er demjenigen zu, an den das Kindergeld ausgezahlt wird.

Ist das Kind in den Wohnungen beider Elternteile gemeldet und ist nur ein Elternteil alleinstehend, ist diesem Elternteil der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende unabhängig davon zu gewähren, ob dieser die Voraussetzungen für die Auszahlung des Kindergeldes erfüllt oder erfüllen würde.

Beispiel: Die geschiedenen Eltern M und V haben eine gemeinsame zehnjährige Tochter T. M hat erneut geheiratet und lebt mit dem neuen Ehegatten und T in einem gemeinsamen Haushalt. T ist sowohl in der Wohnung von M und als auch in der Wohnung von V gemeldet. M erhält das Kindergeld für T. V ist alleinstehend. Zudem gehört T zu seinem Haushalt.

V kann den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen, da ihn M nicht in Anspruch nehmen kann. Bei ihr sind die Voraussetzungen des Splitting-Verfahrens erfüllt. .

 

Jahresbetrag – zeitanteilige Gewährung

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1.908 € er- höht sich um jeweils 240 € für jedes weitere zum Haushalt gehörende Kind. Er ist ein Jahresbetrag, der in jedem Veranlagungszeitraum insgesamt nur einmal in Anspruch genommen werden kann. Eine Aufteilung zwischen den Haushalten al- leinerziehender Elternteile ist nicht möglich.

Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages dem Grunde nach nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich der Betrag zeitanteilig um ein Zwölftel.

Beispiel: Die alleinstehende Mutter M bringt im April ihr erstes Kind zur Welt. Sie lebt in ihrem Haushalt mit keiner weiteren volljährigen Person zusammen. Ab April kann M den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeitanteilig in Höhe von (1.908 € x 9/12 =) 1.431 € in Anspruch nehmen.

Entsprechend ermäßigt sich für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Erhöhungsbetrages nicht vorgelegen haben, der Erhöhungsbetrag zeit- anteilig.

Beispiel: Die alleinstehende Mutter M bringt im Juni ihr zweites Kind zur Welt. Sie lebt in ihrem Haushalt mit keiner weiteren volljährigen Person zusammen. Für den Veranlagungszeitraum kann M einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von (1.908 € + 240 € x 7/12 =) 2.048 € beanspruchen.

In dem Veranlagungszeitraum, in dem Ehegatten bzw. Lebenspartner sich trennen (Verlassen der gemeinsamen Wohnung, Scheidung), ist eine zeitanteilige Inanspruchnahme des Entlastungsbetrages nicht möglich, wenn für das Jahr grundsätzlich die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens gegeben sind. Entsprechendes gilt in Fällen der Einzelveranlagung (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2012: in Fällen der getrennten Veranlagung im Jahr der Eheschließung) sowie in dem Jahr der Eheschließung oder des Eingehens einer Lebenspartnerschaft. Abweichend hiervon können verwitwete Steuerpflichtige den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erstmals zeitanteilig für den Monat des To- des des Ehegatten oder Lebenspartners beanspruchen.

Im Fall des Zusammenlebens mit einer anderen volljährigen Person ist der Entlastungsbetrag zeitanteilig für volle Kalendermonate zu kürzen, in denen eine Haushaltsgemeinschaft mit der anderen volljährigen Person besteht.

Beispiel: Mutter M ist alleinstehend und lebt mit ihren minderjährigen Kindern K und L in einem gemeinsamen Haushalt zusammen. Am 15. August des Jahres zieht der volljährige Bruder von M in die Wohnung mit ein. Bis einschließlich August kann M den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zeit- anteilig in Höhe von (2.148 € x 8/12 =) 1.432 € in Anspruch nehmen.