Lohnsteuerliche Behandlung von selbst getragener Aufwendungen bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs

with Keine Kommentare

Mit Schreiben vom 21.9.2017 äußert sich die Finanzverwaltung erneut zur lohnsteuerlichen Behandlung der vom Arbeitnehmer selbst getragenen Aufwendungen bei der Überlassung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs. Dem Schreiben liegen zwei Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) zugrunde, die über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus entsprechend den nachfolgenden Regelungen anzuwenden sind.

Der BFH hat mit seinen Urteilen vom 30.11.2016 (VI R 49/14) entschieden, dass ein vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber gezahltes Nutzungsentgelt den vom Arbeitnehmer zu versteuernden Nutzungswert auf der Einnahmenseite mindert und ein den Nutzungswert übersteigender Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten führt.

Der BFH hat zudem seine im Urteil vom 18.10.2007 (VI R 96/04) vertretene Rechtsprechung geändert. Er vertritt nunmehr die Auffassung, dass im Rahmen der privaten Nutzung vom Arbeitnehmer selbst getragene (laufende) individuelle Kraftfahrzeugkosten (z. B. Treibstoffkosten) bei der pauschalen Nutzungswertmethode (1 %-Regelung, 0,03 %-Regelung) den Nutzungswert auf der Einnahmenseite mindern. Dies setzt voraus, dass der Arbeitnehmer den geltend gemachten Aufwand im Einzelnen umfassend darlegt und belastbar nachweist.

 

1. Nutzungsentgelt

Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber oder auf dessen Weisung an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Arbeitgebers (abgekürzter Zahlungsweg) für die außerdienstliche Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs, insbesondere für die Nutzung zu privaten Fahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und Heimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Nutzungswert.

Nutzungsentgelt ist bei der pauschalen und der individuellen Nutzungswertmethode:

a. ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter nutzungsunabhängiger pauschaler Betrag (z. B. Monatspauschale),

b. ein arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarter an den gefahrenen Kilometern ausgerichteter Betrag (z. B. Kilometerpauschale),

c. die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vom Arbeitnehmer übernommenen Leasingraten, und bei der pauschalen Nutzungswertmethode

d. die arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbarte vollständige oder teilweise Übernahme einzelner Kraftfahrzeugkosten durch den Arbeitnehmer. Dies gilt auch für einzelne Kraftfahrzeugkosten, die zunächst vom Arbeitgeber verauslagt und anschließend dem Arbeitnehmer weiterbelastet werden oder, wenn der Arbeitnehmer zunächst pauschale Abschlagszahlungen leistet, die zu einem späteren Zeitpunkt nach den tatsächlich entstandenen Kraftfahrzeugkosten abgerechnet werden.

 

Vom Arbeitnehmer selbst getragene einzelne Kraftfahrzeugkosten sind Kosten, die zu den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs gehören, z. B. Treibstoffkosten, Wartungs- und Reparaturkosten, Kfz-Steuer, Beiträge für Halterhaftpflicht- und Fahrzeugversicherungen, Garagen-/Stellplatzmiete, Aufwendungen für Anwohnerparkberechtigungen, Aufwendungen für die Wagenpflege/-wäsche, Ladestrom. Unberücksichtigt bleiben Kosten, die nicht zu den Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs gehören, z. B. Fährkosten, Straßen- oder Tunnelbenutzungsgebühren (Vignetten, Mautgebühren), Parkgebühren, Aufwendungen für Insassen- und Unfallversicherungen, Verwarnungs-, Ordnungs- und Bußgelder.

Kein Nutzungsentgelt ist insbesondere der Barlohnverzicht des Arbeitnehmers im Rahmen einer Gehaltsumwandlung.

In Höhe des Nutzungsentgelts ist der Arbeitnehmer nicht bereichert. Übersteigt das Nutzungsentgelt den Nutzungswert, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten.

 

2. Pauschale Nutzungswertmethode (1 %-Regelung, 0,03 %-Regelung)

Der geldwerte Vorteil aus der Gestellung eines Dienstwagens ist monatlich pauschal mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatzsteuer zu bewerten. Wird der geldwerte Vorteil aus der Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten typisierend nach der 1 %-Regelung ermittelt, so ist der geldwerte Vorteil grundsätzlich um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zu erhöhen, wenn das Kraftfahrzeug auch dafür genutzt werden kann. Die Begrenzung des pauschalen Nutzungswerts auf die Gesamtkosten ist zu beachten.

 

Beispiele zur pauschalen Nutzungswertmethode: Der Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen und den geldwerten Vorteil aus der Kraftfahrzeuggestellung nach der 1 %-Regelung bewertet.

 

Beispiel 1: In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer ein Nutzungsentgelt in Höhe von 0,20 € je privat gefahrenen Kilometer zu zahlen hat. Es handelt sich um ein Nutzungsentgelt i. S. v. Buchstabe b.

 

Beispiel 2: In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer die gesamten Treibstoffkosten zu zahlen hat. Die Kostenübernahme durch den Arbeitnehmer ist ein Nutzungsentgelt i. S. v. Buchstabe d.

 

3. Individuelle Nutzungswertmethode (Fahrtenbuchmethode)

Statt des pauschalen Nutzungswerts können die auf die außerdienstlichen Fahrten entfallenden tatsächlichen Aufwendungen als individueller Nutzungswert angesetzt werden. Diese Bewertungsmethode setzt den Nachweis der tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten (Gesamtkosten) und die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs voraus. Werden auf Grund eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs die außerdienstlichen und die dienstlichen Fahrten nachgewiesen, kann der auf die außerdienstliche Nutzung entfallende Anteil an den Gesamtkosten konkret ermittelt werden.

Bei der Fahrtenbuchmethode fließen vom Arbeitnehmer selbst getragene individuelle Kraftfahrzeugkosten nicht in die Gesamtkosten ein und erhöhen damit nicht den individuellen Nutzungswert. Zahlt der Arbeitnehmer ein pauschales Nutzungsentgelt i. S. der Buchstaben a bis c, ist der individuelle Nutzungswert um diesen Betrag zu kürzen.

Es wird nicht beanstandet, wenn bei der Fahrtenbuchmethode vom Arbeitnehmer selbst getragene Kosten in die Gesamtkosten einbezogen und wie bei der pauschalen Nutzungswertmethode als Nutzungsentgelt behandelt werden.

 

Beispiele zur individuellen Nutzungswertmethode: Der Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug auch zur Privatnutzung überlassen und den geldwerten Vorteil aus der Kraftfahrzeuggestellung nach der Fahrtenbuchmethode bewertet.

 

Beispiel 3: In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer ein Nutzungsentgelt in Höhe von 0,20 € je privat gefahrenen Kilometer zu zahlen hat. Es handelt sich um ein Nutzungsentgelt i. S. v. Buchstabe b.

 

Beispiel 4: In der Nutzungsüberlassungsvereinbarung ist geregelt, dass der Arbeitnehmer die gesamten Treibstoffkosten zu zahlen hat. Diese betragen 3.000 €. Die übrigen vom Arbeitgeber getragenen Kraftfahrzeugkosten betragen 7.000 €. Auf die Privatnutzung entfällt ein Anteil von 10 %.

Der individuelle Nutzungswert ist wie folgt zu ermitteln: a) die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Treibstoffkosten fließen nicht in die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs ein. Es handelt sich auch nicht um ein Nutzungsentgelt. Anhand der (niedrigeren) Gesamtkosten ist der individuelle Nutzungswert zu ermitteln (10 % von 7.000 € = 700 €). Ein Werbungskostenabzug i. H. von 2.700 € (90 % von 3.000 €) ist nicht zulässig. Oder b) Bei Anwendung der Nichtbeanstandungsregelung fließen die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Treibstoffkosten in die Gesamtkosten des Kraftfahrzeugs ein. Es handelt sich um ein Nutzungsentgelt i. S. d. Buchstabe d i. H. von 3.000 €. Anhand der Gesamtkosten ist der individuelle Nutzungswert zu ermitteln (10 % von 10.000 € = 1.000 €). Dieser Nutzungswert ist um das Nutzungsentgelt bis auf 0 € zu mindern. Der den Nutzungswert übersteigende Betrag i. H. von 2.000 € führt nicht zu Werbungskosten.

 

4. Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten

Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines ihm auch zur privaten Nutzung überlassenen betrieblichen Kraftfahrzeugs können nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den darauf folgenden Kalenderjahren auf den privaten Nutzungswert für das jeweilige Kraftfahrzeug bis auf 0 € angerechnet werden.

 

5. Anwendung

Die BFH-Rechtsprechung ist im Lohnsteuerabzugsverfahren und im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren anwendbar.

 

Anwendung im Lohnsteuerabzugsverfahren: Im Lohnsteuerabzugsverfahren ist der Arbeitgeber zur Anrechnung der individuellen Kraftfahrzeugkosten des Arbeitnehmers bei der Nutzungswertermittlung verpflichtet, wenn sich aus der arbeitsvertraglichen oder einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage nichts anderes ergibt.

Hierzu hat der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber jährlich fahrzeugbezogen schriftlich die Höhe der individuellen Kraftfahrzeugkosten und die Gesamtfahrleistung des Kraftfahrzeugs zu erklären und im Einzelnen umfassend darzulegen und belastbar nachzuweisen.

Der Arbeitgeber hat aufgrund dieser Erklärungen und Belege des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug durchzuführen, sofern der Arbeitnehmer nicht erkennbar unrichtige Angaben macht. Ermittlungspflichten des Arbeitgebers ergeben sich nicht. Die Erklärungen und Belege des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber im Original zum Lohnkonto zu nehmen.

Es wird aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn für den Lohnsteuerabzug zunächst vorläufig fahrzeugbezogen die Erklärung des Vorjahres zugrunde gelegt wird.

 

Anwendung im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren: Macht der Arbeitnehmer im Einkommensteuer-Veranla-gungsverfahren individuelle Kraftfahrzeugkosten vorteilsmindernd geltend, muss er die Nutzungsvereinbarung vorlegen und fahrzeugbezogen darlegen, wie der Arbeitgeber den Nutzungswert ermittelt und versteuert hat (z. B. Gehaltsabrechnung, die die Ermittlung und Besteuerung des Nutzungswerts erkennen lässt; Bescheinigung des Arbeitgebers) sowie schriftlich die Höhe der von ihm selbst getragenen individuellen Kraftfahrzeugkosten und die Gesamtfahrleistung des Kraftfahrzeugs im Kalenderjahr umfassend darlegen und belastbar nachweisen.

 

Anmerkung: Auch wenn das Bundesfinanzministerium mit diesem Schreiben mehr Klarheit schaffen will, werden sich in der Praxis Sachverhalte ergeben, die hier nicht oder unzureichend dargestellt sind. Sollten sich Fragen zu den einzelnen Punkten ergeben, beraten wir Sie gerne.