Sozialversicherungsrechtliche Handhabung der Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten

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1. Anhebung der Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale

Durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehren- amtsstärkungsgesetz) vom 21. März 2013 wurden die Steuerfreibeträge rückwirkend ab 1. Januar 2013 erhöht. Die Übungsleiterpauschale stieg von 2.100 € auf 2.400 € und die Ehrenamtspauschale von 500 € auf 720 €.

Diese Beträge sind pro Jahr in den entsprechenden Tätigkeiten steuerfrei. Die steuerfreien Aufwandsentschädigungen stellen nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung bis zu den genannten Höchstbeträgen kein Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung dar. Beiträge zur Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung fallen nicht an.

Für die Sozialversicherung hat die rückwirkende Erhöhung der Steuerfreibeträge keine Auswirkung auf die versicherungsrechtliche Beurteilung von Beschäftigungen für die Vergangenheit. Die höheren Freibeträge können erst mit der Veröffentlichung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt ab dem 28. März 2013 berücksichtigt werden. In Anlehnung an die Fälligkeit von Beiträgen ist eine Korrektur sozialversicherungs- rechtlicher Beurteilungen von Beschäftigungsverhältnissen für die Zeit vor dem 1. April 2013 nicht zulässig. Dies bedeutet auch, dass in bereits beendete Versicherungsverhältnisse nicht mehr nachträglich eingegriffen werden darf. In Fällen, in denen der Abzug des bisherigen Freibetrags nicht zur Geringfügigkeit geführt hat, führt die nachträgliche Berücksichtigung des erhöhten Freibetrags nicht zur Beseitigung der Versicherungspflicht für die Vergangenheit.

Werden die erhöhten Steuerfreibeträge vom Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes an berücksichtigt, vermindert sich das beitragspflichtige Arbeitsentgelt entsprechend. Dies gilt auch insoweit, als dass beispielsweise der Erhöhungsbetrag für die Übungsleiterpauschale von monatlich 25 € (Differenz zwischen 200 € und 175 €) in die Zeit nach Verkündung des Gesetzes verlagert wird, wobei es auch hier unerheblich ist, ob der Erhöhungsbetrag für mehrere Monate zusammengefasst oder monatlich berücksichtigt wird.

Lediglich der den Freibetrag von 2.400 € übersteigende Teil der Aufwandsentschädigung stellt beitragspflichtiges Arbeitsentgelt dar. Die Anwendung des steuerfreien Jahresbetrages von 2.400 € kann pro rata (monatlich mit 200 €) oder en bloc (zum Beispiel jeweils zum Jahresbeginn oder Beschäftigungsbeginn) erfolgen.

 

2. Weitere Informationen zur Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale

Beispiele für die Anwendung des Übungsleiterfreibetrages im Jahr 2013

 

Beispiel 1: Eine geringfügige Beschäftigung als Übungsleiter wird seit Jahren ausgeübt. Zum 1. Januar 2013 nimmt der Betrieb die versicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses unter Zugrundelegung des bis dahin gültigen Übungsleiterfreibetrags für das Kalenderjahr 2013 vor. Die monatliche Aufwandsentschädigung beträgt 500 €. Die Aufzehrung des Steuerfreibetrags erfolgt pro rata.

 

Ergebnis: In der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 betrug das monatliche Arbeitsentgelt 325 € (500 € abzüglich 175 € Freibetrag). Hiervon sind wegen Vorliegens einer geringfügig entlohnten Beschäftigung Beiträge an die Minijob-Zentrale entrichtet worden.

Die Erhöhung des Steuerfreibetrags zum 1. Januar 2013 wirkt sich sozialversicherungsrechtlich ab April 2013 aus. Hierbei ergeben sich zwei Alternativen:

  1. Der aufgelaufene Erhöhungsbetrag für die Monate Januar bis März 2013 in Höhe von 75 € (3 x 25 €) wird einmalig im April 2013 berücksichtigt. Im April 2013 beträgt das beitragspflichtige Arbeitsentgelt 225 € (500 € abzüglich 200 € neuer monatlicher Freibetrag sowie abzüglich bisher nicht berücksichtigter Erhöhungsbetrag in Höhe von 75 €). Ab Mai 2013 beträgt das beitragspflichtige Arbeitsentgelt 300 € (500 € abzüglich 200 € monatlicher Freibetrag).
  2. Der gleichmäßig auf die verbleibenden 9 Kalendermonate zu verteilende Steuerfreibetrag erhöht sich aufgrund der rückwirkenden Erhöhung des Steuerfreibetrags.

 

erhöhter Steuerfreibetrag

2.400 €

abzüglich Freibetrag Januar

175 €

abzüglich Freibetrag Februar

175 €

abzüglich Freibetrag März

175 €

verbleibender Steuerfreibetrag

1.875 €

 

geteilt durch 9 Monate (April bis Dezember) = 208,33 € mtl. Freibetrag bis Dezember 2013

Vom 1. April 2013 bis 31. Dezember 2013 beträgt das bei-tragspflichtige Arbeitsentgelt 291,67 € (500 € abzüglich 208,33 €). Es liegt weiterhin eine geringfügig entlohnte Beschäftigung vor.

 

Beispiel 2: Zum 1. Januar 2013 wird erstmals eine Übungsleitertätigkeit aufgenommen. Die monatliche Aufwandsentschädigung beträgt 400 €. Die Aufzehrung des Steuerfreibetrags erfolgt „en bloc“.

 

Ergebnis: Der bis März 2013 geltende Freibetrag in Höhe von 2.100 € wird nicht ausgeschöpft (400 € x 3 Monate = 1.200 €). In diesen Monaten bestand folglich kein Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinne.

 

Aufgrund der Erhöhung des Steuerfreibetrages beläuft sich ab dem 1. April 2013 der neue Freibetrag auf 1.200 €. 2.400 € erhöhter Steuerfreibetrag ./. 1.200 € bisher ausgeschöpfter Steuerfreibetrag = 1.200 € Reststeuerfreibetrag. Der Steuerfreibetrag wird bis zum 30. Juni 2013 vollständig ausgeschöpft (400 € x 3 = 1.200 €). Für die Zeit von April bis Juni besteht folglich weiterhin kein melde- und beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2013 ist der volle Verdienst von 400 € monatlich als Arbeitsentgelt melde- und beitragspflichtig. Ab dem 1. Januar 2014 erfolgt erneut eine en bloc-Aufzehrung, so dass sich zunächst wieder kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung ergibt.

 

Beispiel 3: Aufnahme einer Übungsleitertätigkeit zum 1. Januar 2013. Die monatliche Aufwandsentschädigung beträgt 635 €. Die Aufzehrung des Steuerfreibetrags erfolgt „pro rata“ und wurde gleichmäßig mit 175 € auf die Beschäftigungsmonate verteilt.

 

Ergebnis: Vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 bestand ein versicherungspflichtiges mehr als geringfügiges Beschäftigungsverhältnis mit einem beitrags- und meldepflichtigen monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 460 € (635 € abzüglich 175 €). Die Beschäftigung wurde bei der zuständigen Krankenkasse gemeldet. Ab dem 1. April 2013 übersteigt das beitragspflichtige regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt die zulässige Geringfügigkeitsgrenze von 450 € nicht (635 € abzüglich 200 € = 435 €). Die Beschäftigung ist folglich zum 31. März 2013 bei der Krankenkasse ab- und ab 1. April 2013 bei der Minijob- Zentrale anzumelden. Die Berücksichtigung des Erhöhungsbetrages kann wie im Ergebnis unter Beispiel 1 beschrieben erfolgen.

 

Beispiel 4: Wie Beispiel 3, nur mit der Aufzehrung des Steuerfreibetrages „en bloc“.

 

Ergebnis: Der bis zum 31. März 2013 maßgebende jährliche Steuerfreibetrag in Höhe von 2.100 € wurde mit 1.905 € (635 € x 3) noch nicht ausgeschöpft. Vom 1. Januar 2013 bis zum 31. März 2013 bestand kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung.

Durch die Erhöhung der Übungsleiterpauschale ergibt sich ab dem 1. April 2013 ein noch zur Verfügung stehender Steuerfreibetrag in Höhe von 495 € (2.400 € abzüglich 1.905 €), der im April 2013 ausgeschöpft werden kann. Hieraus ergibt sich folgende versicherungsrechtliche Beurteilung: Ab April 2013 liegt mit einem Arbeitsentgelt in Höhe von 635 € eine mehr als geringfügige Beschäftigung vor, weil die zulässige Entgeltgrenze von 450 € regelmäßig monatlich überschritten wird. Der Arbeitgeber hat die Beschäftigung ab dem 1. April 2013 bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden. Im April 2013 verbleibt ein zu verbeitragendes Arbeitsentgelt in Höhe von 140 € (635 € abzüglich 495 €). Ab 1. Mai 2013 beträgt das monatliche Arbeitsentgelt 635 €. Ab dem 1. Januar 2014 erfolgt erneut eine en bloc-Aufzehrung, so dass sich zunächst wieder kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sozialversicherung ergibt.