Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Grundstücksvermietungen

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  1. Vermietung an einen Unternehmer
  2. Nutzung zu unternehmerischen und unternehmensfremden Zwecken
  3. Einschränkung der Optionsmöglichkeit

Beim Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Grundstücksvermietungen sind folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

 

1. Vermietung an einen Unternehmer

Die Vermietung von Grundstücken ist von der Umsatzsteuer befreit. Der Vermieter kann aber auf die Steuerbefreiung verzichten, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und die Vermietung für dessen Unternehmen erfolgt. Von der Steuerbefreiung ist die Vermietung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), ausgenommen.

 

2. Nutzung zu unternehmerischen und unternehmensfremden Zwecken

Wird das Grundstück oder der Grundstücksteil vom Mieter nicht nur für unternehmerische, sondern auch für unternehmensfremde Zwecke genutzt, so liegt ein optionsfähiger Umsatz nur insoweit vor, als die Vermietungsleistung für den unternehmerischen Bereich des Mieters bestimmt ist. Dies gilt auch dann, wenn für die unternehmerische und die unternehmensfremde Nutzung ein einheitliches Entgelt vereinbart ist.

Die Aufteilung der Vermietungsleistung in einen nicht optionsfähigen steuerfreien Teil und in einen Teil, bei dem ein Verzicht auf die Steuerfreiheit möglich ist, kann auf der Grundlage der jeweils zu unterschiedlichen Zwecken überlassenen Räume im Wege einer sachgerechten Schätzung erfolgen (z. B. anhand des Nutzflächenverhältnisses).

Beispiel 1: Ein Vermieter überlässt einem Rechtsanwalt eine zum Teil für Praxis- und zum Teil für Wohnzwecke genutzte Wohnung und erhält aufgrund des Mietvertrages ein Pauschalentgelt. Der auf den für die Rechtsanwaltspraxis genutzten Raum entfallende Entgeltsanteil ist nicht getrennt ausgewiesen.

Eine Option kann nur für den Raum, der für die Rechtsanwaltspraxis genutzt wird, erfolgen. Der hierauf entfallende Mietanteil ist grundsätzlich nach dem Nutzflächenverhältnis zu schätzen.

Außer der räumlichen Trennung kann auch eine Aufteilung entsprechend der zeitlich aufeinanderfolgenden Nutzung zu unternehmerischen und unternehmensfremden Zwecken des Mieters durchzuführen sein. Dabei ist unerheblich, ob ein Jahres- oder Monatsmietvertrag abgeschlossen ist oder ob stundenweise vermietet wird.

Beispiel 2: Eine Gemeinde vermietet einen Gemeinschaftsraum an einen Verein gegen ein Jahrespauschalentgelt von 1.000 € jeweils montags von 18.00 bis 21.00 Uhr. Der Verein nutzt den Raum von 18.00 bis 19.00 Uhr für den ideellen Bereich, und von 19.00 bis 21.00 Uhr für den unternehmerischen Bereich. Eine gleichzeitige Nutzung liegt nicht vor.

Da der Raum zeitanteilig wöchentlich eine Stunde im ideellen Vereinsbereich und zwei Stunden im unternehmerischen Bereich des Vereins genutzt wird, ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung für 2/3 der Gesamtvermietungsleistung zulässig.

Beispiel 3: Ein Unternehmer hat das Erdgeschoss eines Gebäudes steuerpflichtig an eine Gemeinde vermietet. Die Gemeinde nutzt die Räume unternehmerisch im Rahmen eines steuerpflichtigen Betriebs gewerblicher Art. Ab 1.7 werden die Räume für hoheitliche Zwecke der Gemeindeverwaltung genutzt.

Die Optionsmöglichkeit ist entsprechend der zeitlich unterschiedlichen Verwendung der Mieträume für die Zeit bis 30.6 und für die Zeit ab 1.7 gesondert zu beurteilen. Danach kann der Unternehmer für das 1. Halbjahr auf die Steuerbefreiung verzichten, da die Räume an einen Unternehmer für unternehmerische Zwecke vermietet werden. Im 2. Halbjahr ist eine Option ausgeschlossen, da die Vermietung nicht (mehr) für unternehmerische Zwecke des Mieters erfolgt.

Für die Aufteilung sind die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse maßgebend. Der auf die steuerpflichtige Überlassung der Betriebsvorrichtungen entfallende Entgeltsanteil ist steuerpflichtig.

 

3. Einschränkung der Optionsmöglichkeit

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken ist nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Bei räumlich oder zeitlich unterschiedlicher Nutzung von Grundstücksteilen ist die Frage der Option für jeden selbständig nutzbaren Grundstücksteil gesondert zu beurteilen. Dies gilt jedoch nicht bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung durch den selben Mieter.

Beispiel 4: V vermietet das Erdgeschoss eines Gebäudes an den Schönheitschirurgen S. S nutzt das Erdgeschoss räumlich nicht abgrenzbar sowohl für steuerpflichtige, als auch für steuerfreie Ausgangsumsätze. Die steuerfreien Ausgangsumsätze führen zu einem Vorsteuerausschluss von 20 %.

V kann auf die Steuerbefreiung des Vermietungsumsatzes insgesamt nicht verzichten, da S den Gebäudeteil in nicht nur geringfügigem Umfang für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Wird dagegen ein Grundstück oder ein Grundstücksteil von verschiedenen Mietern zeitlich unterschiedlich genutzt, kann eine Aufteilung nach Maßgabe des jeweiligen Umsatzes an den einzelnen Mieter in Betracht kommen.

Beispiel 5: Ein Unternehmer hat das Erdgeschoss eines Gebäudes steuerpflichtig an einen Rechtsanwalt vermietet. Zum 1.7. wechselt der Mieter. Der neue Mieter ist ein Arzt, der die Räume ausschließlich für seine steuerfreien Praxiszwecke nutzt.

Für die Frage des Optionsausschlusses ist nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da die Verwendung des Grundstücksteils durch die Mieter in vollem Umfang für deren unternehmerische Bereiche erfolgt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für steuerpflichtige und steuerfreie Zwecke durch verschiedene Mieter ist die Frage der Optionsmöglichkeit für jeden Vermietungsumsatz gesondert zu beurteilen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der Vermietungsumsätze an den Rechtsanwalt ist deshalb für das 1. Halbjahr weiterhin zulässig. Für die Vermietungsumsätze ab dem 2. Halbjahr an den Arzt ist hingegen eine Option nicht zulässig, da der Leistungsempfänger den Grundstücksteil ausschließlich für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Beispiel 6: Sachverhalt wie Beispiel 5 mit dem Unterschied, dass der Unternehmer das Erdgeschoss an einen Zwischenmieter vermietet, der seinerseits an den Rechtsanwalt und den Arzt weitervermietet.

Für die Frage des Optionsausschlusses beim Zwischenmieter ist nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da die Verwendung des Grundstücksteils durch die Endmieter in vollem Umfang für deren unternehmerische Bereiche erfolgt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für steuerpflichtige und steuerfreie Zwecke durch verschiedene Mieter ist die Frage der Optionsmöglichkeit für jeden Vermietungsumsatz gesondert zu beurteilen. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung hinsichtlich der Vermietungsumsätze an den Rechtsanwalt ist deshalb für das 1. Halbjahr weiterhin zulässig. Für die Vermietungsumsätze ab dem 2. Halbjahr an den Arzt ist hingegen eine Option nicht zulässig, da der Leistungsempfänger den Grundstücksteil aus- schließlich für steuerfreie Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

Für die Frage des Optionsausschlusses beim Erstvermieter ist ebenfalls nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da der Zwischenmieter den Grundstücksteil in vollem Umfang unternehmerisch nutzt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für vorsteuerunschädliche und vorsteuerschädliche Zwecke durch den selben Mieter kommt jedoch eine gesonderte Beurteilung nicht in Betracht. Bezogen auf den Besteuerungszeitraum verwendet der Zwischenmieter den Grundstücksteil zu 50 % für Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Der Unternehmer (Erstvermieter) kann daher auf die Steuerbefreiung der Vermietungsumsätze an den Zwischenmieter nicht verzichten.

Beispiel 7: Ein Unternehmer überlässt eine Mehrzweckhalle je nach Anforderung zeitlich abgegrenzt an unterschiedliche Mieter. Die Mieter nutzen auch die vorhandenen Betriebsvorrichtungen. Eine Nutzung zu sportlichen Zwecken findet nicht statt. Bei den Mietern handelt es sich um Unternehmer mit steuerpflichtigen Umsätzen, Unternehmer mit steuerfrei- en Umsätzen und um Nichtunternehmer.

Die Überlassung der Mehrzweckhalle ist in eine Grundstücksüberlassung und eine Überlassung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. Die Überlassung der Betriebsvorrichtungen ist in jedem Falle steuerpflichtig. Die Grundstücksüberlassung ist grundsätzlich steuerfrei; ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist möglich. Da an verschiedene Mieter zeitlich unterschiedlich vermietet wird, ist sowohl für die Optionsmöglichkeit jeder Vermietungsumsatz gesondert zu beurteilen. Verwendet der jeweilige Mieter die Halle für unternehmensfremde Zwecke, ist für diesen Vermietungsumsatz ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nicht möglich. Bei einer Verwendung für steuerpflichtige Zwecke durch den Mieter kann der Vermieter für diesen Vermietungsumsatz optieren. Dies ist hingegen nicht möglich, wenn der Mieter die Halle für steuerfreie Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, verwendet.

Beispiel 8: Ein Unternehmer vermietet einen Raum an einen Mieter. Dieser verwendet den Raum täglich für vier Stunden, davon drei Stunden für steuerpflichtige und eine Stunde für steuerfreie Umsätze.

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nicht möglich, da der derselbe Mieter den vermieteten Grundstücksteil sowohl für steuerfreie als auch für steuerpflichtige Umsätze verwendet und der Vorsteuerausschluss mehr als 5 % beträgt.

Beispiel 9: Ein Unternehmer hat das Erdgeschoss eines Gebäudes an eine Gemeinde vermietet. Die Gemeinde nutzt die Räume während des ganzen Jahres im Rahmen ihres Unternehmens. Bis zum 30.6. erzielt sie steuerpflichtige Umsätze, ab dem 1.7. nur noch steuerfreie Umsätze.

Für die Frage des Optionsausschlusses ist nur § 9 Abs. 2 UStG maßgebend, da die Verwendung des Grundstücksteils durch den selben Mieter in vollem Umfang für seinen unternehmerischen Bereich erfolgt. Bei zeitlich unterschiedlicher Nutzung für steuerpflichtige und steuerfreie Zwecke durch den selben Mieter kommt eine gesonderte Beurteilung nicht in Betracht. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung ist daher ab 1.1. des Jahres der Nutzungsänderung durch die Gemeinde nicht mehr möglich, da der Grundstücksteil vom Leistungsempfänger zu 50 % für steuerfreie Umsätze verwendet wird, die den Vorsteuerabzug ausschließen.

 

Quelle: OFD Karlsruhe. Verfügung v. 5.4.2011 – S 7198